Reinhold Budde
Ausstellungseröffnung
Sonntag, 17. September 2017, 12 Uhr
RAUM 12
17. September (verlängert) bis 26. November 2017
Finissage und Künstlergespräch am Sonntag, 26. November 12 Uhr
Reinhold Budde hat mit minimalen, aber sehr gezielten Eingriffen den Ausstellungsraum des Kunstvereins in eine begehbare Rauminstallation verwandelt. Seine Entscheidung, den Boden des Raumes schwarz hervorzuheben, die Akzentuierung des weißen Pfeilerpaars auf der rechten Seite durch einen roten Vorhang, die rhythmische Neugliederung der Fensterfront durch drei schlanke vertikale Stützen und last but not least ein links an der Bodenkante liegendes leuchtend gelb lackiertes Aluminiumprofil bilden die Grundlagen dieser Intervention. Diese genau platzierten Elemente sind indessen keine für sich stehenden Setzungen, die als einzelne Skulpturen oder als Ensemble gesehen werden könnten. Stattdessen bilden sie eine aufs Notwendigste reduzierte Basis, den Raum als solchen vollkommen neu zu erleben.
Begreift man Buddes bewusste Einlassungen wie eine dreidimensionale Bühne, auf die sich die Betrachter begeben können, wird seine künstlerische Vorgehensweise allmählich klar. Es geht nicht darum, minimalistische Skulpturen in den Raum hineinzutragen und dort auszustellen, sondern vielmehr darum, den Raum selbst wie eine begehbare Skulptur zu begreifen. Budde macht die architektonischen Vorgaben des Schaufensterraumes in einer vorher noch nicht gesehenen Weise zum Bestandteil der Kunst.
Doch das ist noch nicht alles. Schon wenn man sich von außen dem Ausstellungsraum, einem ehemaligen Ladenlokal im Zentrum von Essen nähert, fällt die irritierende horizontale Verspiegelung der Sockelzone unter dem großen Schaufenster auf. Es sieht fast so aus, als wolle sich der Bodenbelag des städtischen Platzes mit Hilfe des Spiegels im Innern des Raumes fortsetzen, als wäre der Außen-Raum in der Lage den Ausstellungsraum zu vereinnahmen und mit ihm zu einer Einheit zu verschmelzen.
Reinhold Budde geht in seiner Arbeit sowohl intuitiv, als auch analytisch und reflektiert vor – was sich in seinem Fall überhaupt nicht ausschließt. Wenn er einen leuchtend roten Moltonvorhang gezielt zwischen die beiden Pfeiler hängt, setzt er einerseits einen starken abstrakt-roten Akzent. Andererseits entsteht hier der Eindruck eines Durchgangs, eines „Davor“ und „Dahinter“, wie man es von „Raumteilern“ und Bühnenvorhängen kennt. Sobald man beginnt, über die Wirkung, Bedeutung, oder den Zweck dieses Eingriffs nachzudenken, befindet man sich schon inmitten einer ästhetischen Erfahrung, die charakteristisch für das Werk dieses Künstlers ist.
Auch die drei schwarz lackierten vertikalen Streben im Schaufenster weisen analog dazu eine für Budde typische Mehrdeutigkeit auf. Sie scheinen auf den ersten Blick statische Funktionen zu erfüllen, geben vor, den breiten Fenstersturz zu stützen. Bei genauem Hinsehen aber akzentuieren, gliedern und rhythmisieren sie auf erstaunliche Weise das gesamte Raumgefüge. Die von Innen eingebrachten Aluminiumprofile nehmen die Breite der Eingangstür als Abstand und Modul untereinander auf und teilen so die Fassade in fünf gleiche vertikale Streifen. Das wird sowohl von außen sichtbar, als auch im Innern des Raumes als gelungene Rhythmisierung und Gleichklang erfahrbar. Budde nimmt hier das baulich seit den 1960er Jahren Vorgegebene auf und denkt es künstlerisch weiter.
Reinhold Budde arbeitet auf unverwechselbare Weise mit den architektonischen Vorgaben des Raumes und damit auch mit den hier durchaus noch immer spürbaren Parametern der Moderne, wie sie einst in den 1920er Jahren vom Konstruktivismus für die Architektur und damit auch für die Kunst und das Leben entwickelt worden sind. Die Arbeit Raum 12 macht diese auch in der Bausubstanz am Essener Kopstadtplatz vorhandenen Grundlagen zu Bestandteilen einer überraschenden ästhetischen Erfahrung. Es erscheint eine Edition.
Mit freundlicher Unterstützung durch das Kulturbüro der Stadt Essen und reproTerminal. |
Fotos: Tobias Hübel © Reinhold Budde Kunstverein Ruhr 2017
|